Firma mit familiären Klima

Man stolpert doch immer mal wieder über Firmen, die in Stellenanzeigen mit familiären Klima werben. Das ist so ein Überbleibsel der 70er und 80er Jahre wo Familie einen sehr hohen Stellenwert zugewiesen wurde. Gefühlt auch damals schon nicht immer zu Recht... aber zurück zu den Firmen. Familie an sich ist erst einmal super. Man hat Vertraute und bekommt Hilfe, wenn man sie braucht. Aber auch dort gibt es Diskussionen und Streit. Wenn man sich jetzt einmal vorstellt man würde in einer Firma arbeiten, die nur mit Familienmitgliedern besetzt ist und man ist nicht Chef. Wenn es in dieser Firma zu einer großen Diskussion kommen würde, könnte jeder bestimmt schnell ein Familienmitglied benennen, das schon nach kurzer Zeit beleidigt sich aus der Diskussion ausklinken würde, weil es nicht nach dieser Person geht.
Familie hat eben den einen Nachteil, dass dort alles auf persönlicher Ebene geregelt wird und nicht auf professioneller. Eben auch Konflikte und Meinungsverschiedenheiten. Wenn nun in einer Firma diskutiert wird und man kommt nicht auf einen Nenner, wird der Chef/Teamleiter irgendwann das abbrechen und sich für eine Ansicht entscheiden mit der man dann eben weiter arbeiten wird. Niemand würde ihm das übel nehmen, weil es eben sein Job ist und man ja auch irgendwie weiter machen muss. Wenn jemand damit nicht zurecht kommt, dass es nicht nach ihm geht, ist die Person leider in der Abteilung/Firma falsch.

In einer Firma mit familiären Klima ist alles persönlich und wird nur auf einem persönlichen Niveau ausgetragen. Ein großes Problem ergibt sich aber daraus, dass es so auch erwartet wird und auch klar nach dem Motto gelebt wird, man könne sich seine Familie ja nicht aussuchen. Dadurch kommt es, dass der Chef sich mit bestimmten Mitarbeiten nur streitet, beide beleidigt sind und es in großen Konflikten ausufert (auch mal mit Geschrei oder das einer mucksch vor dem PC sitzt und den anderen demonstrativ ignoriert*). Aber der Chef würde diese Person nicht feuern, weil es wie in einer Familie ist, wo man zwar mit einigen verwandt ist, aber wegen einem Streit seit Jahren nicht mehr gesprochen hat.
Das Kündigen wird, dann auch als Verrat an der Familie/Firma aufgefasst, egal wie schlecht es vorher lief.

So kann aber eine Firma und Team nicht funktionieren. Auch Menschen, die sich nicht mögen, können auf professioneller Ebene zusammen arbeiten. Sollte es einfach nicht gehen, muss man dann eben getrennte Wege gehen und einer muss das Team verlassen/wechseln.

Ich würde nicht in einer Firma anfangen, die sich wie eine Familie fühlt. Firmen sollen Firmen sein und Familien bleiben Familien. Keines von beiden ist perfekt, aber wenn man es mischt, kommt es meistens dazu, dass nur die schlechten Teile von beiden zusammen kommen und nicht die guten.

Der englische Begriff für das was ich meine ist Psychological safety. Wo man weiß, dass die eigene Meinung auf professioneller Ebene beurteilt, wird und nicht auf persönlicher.

* das habe ich sogar einmal persönlich erlebt
User annonyme 2019-05-02 19:03

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