Immer öfter liest man Schlagzeilen, dass Europa unabhängiger von den USA werden soll – vor allem wenn es um Cloud, Künstliche Intelligenz oder Hardware geht. Spätestens seit Trump ist das Thema präsent: seine Sprunghaftigkeit hat vielen in Europa gezeigt, wie riskant Abhängigkeiten sein können. Gleichzeitig erinnert das Ganze an Corona: Damals hat man gesehen, wie schlecht Schulen digital aufgestellt waren – viel Aktionismus, wenig greifbare Ergebnisse. Heute wirkt es ähnlich: Man startet Projekte, verteilt Fördergelder, aber am Ende bleibt oft das Gefühl, dass man versucht, das Problem einfach auszusitzen.
Politik und die ewige Symbolik
Die EU fördert viele Programme, schreibt Strategiepapiere und stellt Forschungsgelder bereit. Auf dem Papier klingt das beeindruckend. Aber oft fehlt der nächste Schritt: ein Produkt, das man wirklich nutzen kann. Anstatt pragmatisch Lösungen einzukaufen oder bestehende Anbieter zu stärken, wird lieber geforscht und diskutiert. Am Ende heißt es dann: „Wir haben viel gelernt.“ Das erinnert an die Raumfahrtprojekte der ESA – während Europa jahrelang lernt, übernimmt SpaceX die Aufträge der Industrie.
Cloud und Hyperscaler – Kopieren statt Neues wagen
Bei der Cloud will die EU eigene Hyperscaler aufbauen – also quasi europäische Versionen von AWS, Azure oder Google Cloud. Der Haken: Man will eigentlich nur beweisen, dass man das Gleiche bauen kann. Doch während man an der Kopie arbeitet, sind die US-Anbieter schon wieder einen Schritt weiter. Für viele Kunden in Europa ist das Angebot ohnehin überdimensioniert. Sie wollen meist gar kein komplexes Kubernetes-Cluster, sondern einfach einen stabilen Server, der zuverlässig läuft. Statt also auf die tatsächlichen Bedürfnisse einzugehen, versucht die EU, ein Modell nachzubauen, das hier oft gar nicht gebraucht wird.
Hardware – die europäische CPU
Ein besonders ambitioniertes Beispiel ist der Plan, eine europäische CPU für Rechenzentren zu entwickeln. Klingt spannend, aber auch hier geht die EU den Forschungsweg. Anstatt bestehende Designs zu kaufen oder mit Firmen zusammenzuarbeiten, die schon Erfahrung haben, startet man ein neues Großprojekt. Ergebnis: viel Papier, lange Laufzeiten und am Ende ein Chip, der bei Markteinführung schon veraltet ist. Offiziell heißt es dann: „Wir haben wichtige Erkenntnisse gewonnen“ – aber nutzen will die CPU keiner.
KI – Mistral als Hoffnungsträger
Im Bereich KI sieht es immerhin etwas besser aus. Mit Mistral AI aus Frankreich gibt es ein Startup, das schon einiges erreicht hat und Milliardeninvestitionen anzieht. Ein echter Hoffnungsträger für Europa. Aber auch hier fehlt es an Infrastruktur – die Rechenzentren, um wirklich auf Augenhöhe mit den USA zu arbeiten, gibt es schlicht nicht. Und während in den USA KI-Produkte direkt am Markt getestet werden, diskutiert man in Europa erst einmal lange über Risiken wie Fake News oder Copyright-Fragen. Wichtig, klar – aber zu oft wird dadurch der Fortschritt ausgebremst.
Warum es so schwer ist
Das Muster zieht sich durch alle Bereiche: Europa will unabhängiger werden, scheitert aber an langsamen Prozessen, fehlendem Kapital und politischem Zögern. Chips kommen weiterhin aus den USA, Cloud-Infrastruktur dominiert Amazon & Co., und bei KI hat man zwar Ideen, aber wenig Durchschlagskraft. Eine komplette Unabhängigkeit ist schlicht nicht machbar. Dafür hängen Lieferketten, Talente und Technologien zu stark weltweit zusammen.
Fazit – weniger kopieren, mehr eigene Wege gehen
Europa wird die USA oder China in absehbarer Zeit nicht ablösen können. Aber das ist vielleicht auch gar nicht nötig. Statt von „vollständiger Unabhängigkeit“ zu träumen, sollte die EU auf strategische Autonomie setzen: in den Bereichen, die wirklich kritisch sind, eigene Lösungen aufbauen, die im Ernstfall einspringen können. Das heißt: schneller entscheiden, mehr Geld in die Hand nehmen, Produkte statt endlose Forschungsprojekte fördern – und vor allem nicht nur kopieren, was andere schon machen.
Wenn die EU den Mut hat, eigene Wege zu gehen, kann sie tatsächlich etwas bewegen. Wenn nicht, bleibt sie beim Status quo: man lernt viel, aber kommt im globalen Wettbewerb nicht voran.
Und am Ende natürlich die Hoffnung aller, dass man die Situation aussitzen kann. Hat in der Corona-Pandemie ja auch geklappt.